Football's Next Generation – die Fußballstars von morgen
 

Hugo Ekitike – der Newcomer der Ligue 1


Der französische Fußball hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Top-Talenten hervorgebracht. Besonders im Vergleich zu anderen großen Nationen ist die Anzahl an hochtalentierten Spielern schier atemberaubend und seit dieser Spielzeit erneut um eine Attraktion reicher.

Die möglicherweise größte Überraschung der Saison 2021/22 in der Ligue 1 spielt unterdessen bei Stade Reims. Angreifer Hugo Ekitike ist nicht nur einer der Gründe, weshalb sein Klub souverän den Klassenerhalt meisterte. Gleichzeitig wird Ekitike seinem Klub im Sommer wohl eine neue Rekordsumme einbringen. Doch wer ist der junge Franzose, um den die großen Klubs förmlich ringen?

Ein echter Junge aus Reims

Hugo Ekitike spielt aktuell nicht nur für Stade Reims, sondern kommt auch gebürtig von dort. Im Juni 2002 wurde der Stürmer in Reims geboren und wuchs im Nordosten der Region Champagne-Ardenne auf. Entsprechend fühlt er sich sehr mit der Stadt und dem Verein verbunden.

„Niemand kann nachempfinden wie ich mich bei dem Ganzen fühle. Das ist meine Stadt. Ich spiele zuhause, vor meiner Familie und meinen Freunden. Es ist großartig.” (Hugo Ekitike)

Ex-Trainer voll des Lobes

Bis 2013 kickte Ekitike in der Jugend des MJEP Cormontreuil, zeigte hier eindrucksvoll sein Talent und zweifelsfrei großes Potential.
Sein ehemaliger Trainer Jean-Philippe, Spitzname Nano, lud ihn einmal zu einem Urlaub ein und berichtete zuletzt davon.

Er habe Ekitike damals bereits eine Jacke von Stade Reims geschenkt und nach etlichen Treffern gegen die Jugendteams des Erstligisten seien sie es laut Nano wohl leid gewesen, dass er gegen sie trifft. Daher unterschrieb der großgewachsene Rechtsfuß schon kurz nach dem Urlaub ein Abwerbeverbot, um schließlich in die Akademie von Stade Reims zu wechseln.

„Er war ein Gewinner-Typ, der sich nicht beirren ließ und immer zuhörte, um sich zu verbessern, aber nicht um der Beste zu sein. In Spielen, in denen er einen Pass spielen konnte, obwohl er frei vor dem gegnerischen Tor stand, hat er nicht groß gezögert, denn er wusste, dass das die intelligentere Wahl ist.” (Jean-Philippe, Ex-Trainer)

Erste Profispiele & Leihwechsel

In der Folge zeigte sich Ekitike bis Januar 2021 in der Jugend sowie dem B-Team von Stade Reims. Auch sein Profidebüt gab er im Oktober 2020 im Alter von lediglich 18 Jahren.

Dennoch entschied man sich im besagten Januar letzten Jahres für ein Leihgeschäft. Schließlich sollte der Offensivspieler mehr Spielpraxis sammeln können, für die zweite Mannschaft war er bereits zu gut. 

Die Wahl fiel dabei am Ende etwas überraschend auf den dänischen Klub Vejle BK. Im Nachhinein definitiv eine erfolgreiche Leihstation, auf der er sowohl sportlich als auch mental reifen konnte. Doch sein Start in Dänemark verlief alles andere als glücklich.

Start mit Hindernissen

Die Pandemie hatte auch Dänemark zu diesem Zeitpunkt noch stark im Griff. Entsprechend war Ekitike auf seinem Abenteuer in der Superligaen sehr auf sich allein gestellt. Das lag auch daran, dass sein Berater bereits 48 Stunden nach Ankunft in Dänemark das Land wieder verlassen musste. Für den damals 18-Jährigen schien das aber kein allzu großes Problem zu sein.

„Als er das realisierte, schaute er zu seinem Berater und sagte “Mach dir keine Sorgen, ich schaffe das schon.” Er war damals 18 Jahre alt und zeigte eine herausragende Gelassenheit, sogar als er in diesem fremden Land mit Restriktionen, einer Erkältung und der Sprachbarriere ankam.” (Quelle aus dem Umfeld von Ekitike)

Der Weg zum Stammspieler

Im Sommer 2021 kehrte er dann gestärkt von seiner Leihe nach Reims zurück. Dort musste er trotz seiner guter Entwicklung allerdings zunächst einmal um seinen Platz im Kader kämpfen. Doch das gelang ihm schließlich, es folgten zahlreiche Einsätze in der laufenden Spielzeit. Der Schlüssel lag hier auch in seiner Mentalität.

„Er hat die Mentalität von Kobe Bryant im Körper eines 19-Jährigen. Wenn Sie ihm sagen, dass er nur noch zehn Minuten in einem Spiel hat, wird er sich nicht verstecken, sondern es als Herausforderung annehmen." (ein Freund von Ekitike)

In der Folgezeit arbeitete sich Ekitike sogar über Kurzeinsätze immer mehr in die Startelf von Reims. Dabei bestätigte er seine positive Entwicklung und überzeugte auf dem Platz mit guten Leistungen, was ihm sogar seine ersten Nominierungen für U-Nationalmannschaften von Frankreich einbrachte.

Abgang im Sommer steht bevor

Ekitike gilt allerdings nicht nur als äußerst bodenständig, lernwillig und fokussiert, denn gleichzeitig verfügt der junge Angreifer über ein großes Selbstvertrauen und ist überaus ehrgeizig. Deswegen wird er Stade Reims in diesem Sommer auch aller Voraussicht nach bereits verlassen.

Bereits im vergangenen Winter stand Ekitike unmittelbar vor einem Wechsel zu Newcastle United. Doch ein Wechsel scheiterte am Ende am Veto des Angreifers. Nicht wenige vermuteten schon zu diesem Zeitpunkt die Kontaktaufnahme von größeren Kalibern, unter anderem Borussia Dortmund.

Bei den Borussen zählt Ekitike zu den konkreten Namen auf einer Shortlist für die Nachfolge von Erling Haaland. Ob er allerdings am Ende tatsächlich zum BVB wechselt oder ein anderer Interessent wie Newcastle, der AC Milan oder einer der beiden großen Klubs aus London den Zuschlag erhält, wird man sehen.

Doch was erwartet den neuen Klub? Welche Fähigkeiten bringt Ekitike mit und in welchen Bereich muss er sich noch verbessern?


Stärken: Wie üblich beginnen wir mit Ekitikes Positionierung im Angriffsspiel von Stade Reims. Oscar Garcia lässt grundsätzlich gerne mit einer Doppelspitze spielen, eine davon ist eben Ekitike. Doch der junge Franzose bleibt dabei nicht ausschließlich in der Zentrale, sondern weicht immer wieder auf die Flügel aus und ist definitiv kein eindimensionaler Spieler.

Durch diese Bewegung nach außen verschafft sich Ekitike Platz und dribbelt gerne vom Flügel nach innen. Seine Quote an erfolgreichen Dribblings ist dabei als gut zu bewerten, unter den abgeschlossenen Dribblings pro Spiel gehört er sogar zu den besten Spielern in Europa.

In diesen Aktionen kommt ihm dann auch seine Geschwindigkeit zugute. Diese ist zwar nicht seine größte Stärke, seine Grundschnelligkeit aber dennoch gut. Dadurch kann er Läufe in die Spitze starten und so für seine Mitspieler ebenfalls eine Option für einen Pass in die Tiefe sein. Hervorzuheben ist hierbei, dass Ekitike das Spielfeld stets scannt und damit aussichtsreiche Spielsituationen nicht nur erkennt, sondern auch wenig später aufdreht. Zudem kann er Bälle trotz verbesserungswürdiger Physis gut festmachen und so Mitspielern Zeit zum nachrücken geben.

Spielverständnis & Positionsspiel

Generell ist sein Positionsspiel eine seiner größten Stärken, denn dank kluger Läufe und intelligentem Positionsspiel im Angriffsdrittel kommt er häufig in gute Abschlusssituationen. Dafür erahnt er mögliche Situationen wie beispielsweise eine Flanke bereits frühzeitig, erarbeitet sich einen Vorsprung vor seinem Gegenspieler und kommt so am Ende zum Abschluss. Klingt recht simpel, ist für einen Angreifer allerdings die hohe Kunst.

In diesen Situationen ragt besonders sein starkes Timing für seine Bewegungen heraus, mit denen er nicht selten bis zum allerletzten Moment der Spielsituationen mit seinem Laufweg wartet, um dann jedoch voll zuzuschlagen und seinem Gegenspieler keinerlei Chance zu geben. Grundlage dessen sind sein beachtliches Gefühl für das Spielgeschehen sowie seine gute Abstimmung mit den Teamkollegen, außerdem beweist es seine gute Konzentration und seinen Fokus auf das Spielgeschehen.

Effizienter Torabschluss

Doch was wäre ein Angreifer am Ende ohne einen effizienten Torabschluss, denn gerade das zeichnet einen guten Stürmer nunmal aus. Hier fällt auf, dass Ekitike nicht besonders viele Torabschlüsse bekommt, er bei diesen allerdings eine hohe Schussgenauigkeit an den Tag gelegt.

In Sachen Effizienz ist er derzeit unter den besten Angreifern in Europas Top-Ligen anzusiedeln, denn aktuell findet jeder dritte Torabschluss sowie jeder zweite Schuss aufs Tor auch den Weg ins Netz. Ein starker Wert, besonders für einen noch so jungen Angreifer. Besonders erwähnenswert sind hier seine First-Touch-Abschlüsse, diese beherrscht er außergewöhnlich gut.

Beeindruckende Defensivarbeit

Zu guter Letzt sind ebenso seine Arbeitsrate sowie Defensivarbeit hervorzuheben. Nicht nur in der Offensive agiert er mit hoher Intensität, ist stets aufmerksam, setzt immer wieder hartnäckig nach und provoziert so gefährliche Situationen. Auch defensiv arbeitet er ausnahmslos mit, läuft den Gegner aggressiv an. Pro Spiel kann er im Durchschnitt aktuell rund 18 Druckausübungen vorweisen, ein sehenswerter Wert für einen Angreifer.

Doch auch das war’s noch nicht, denn neben Druck auf den Gegner antizipiert er ebenso immer wieder mögliche Anspiele des gegnerischen Teams und fängt Bälle ab. In dieser Hinsicht ist Ekitike sogar einer der besten auf seiner Position in ganz Europa. Ebenso scheut er keine direkten Duelle, geht immer wieder in Tacklings und setzt seinen Körper dabei ebenfalls gut ein. Auch in Bezug auf gewonnene Zweikämpfe pro Spiel kann er für einen Angreifer Top-Werte vorweisen und arbeitet einfach gut für sein Team.

Schwächen: Doch während sich die Stärken von Ekitike ohne Zweifel gut lesen lassen und er großes Potenzial mitbringt, gibt es tatsächlich noch viele Bereiche für Verbesserungen. Das fängt bei seiner Disziplin an und hört in seinem Defensivverhalten auf, aber immer der Reihe nach.

Zunächst einmal zum Thema Disziplin. Es ist nun nicht so, dass Ekitike sich jedes Spiel den gelben Karton abholt. Im Gegenteil, gelbe Karten sammelt der Franzose so gut wie keine. Stattdessen flog der Angreifer innerhalb einer Spielzeit bereits zweimal vom Platz, muss lernen sich besser unter Kontrolle zu haben und sich nicht zu sehr reizen zu lassen, oder jedenfalls anders darauf zu reagieren.

Potenzial bei Ballkontrolle & -führung

Nächstes Thema sind seine Ballkontrolle sowie sein erster Kontakt. Insgesamt wirkt er hier durchaus vielversprechend und könnte für so viel mehr Gefahr mit Ball am Fuß sorgen, allerdings ziehen sich hier des Öfteren Ungenauigkeiten durch sein Spiel. Nicht selten endet es, besonders auf höherem Spieltempo im Ballverlust.

Im Anschluss muss er diesen Bällen hinterherjagen und gewinnt oftmals die Bälle sogar zurück, ist hierin einmal mehr einer der besten Angreifer in Europa. Allerdings ist die Ballrückgewinnung nicht das primäre Ziel eines Offensivspielers, sein Potenzial ist in diesem Bereich weiterhin groß. Besonders deswegen, da Ekitike auf niedrigerem oder mittelmäßigem Tempo mit Ball am Fuß durchaus viel richtig macht.

Spannend wird es allerdings in dem Moment, in welchem er den Ball wieder abspielen muss. Auch das Thema Passspiel steht nämlich auf der Agenda. Klar, als Mittelstürmer muss man nicht der beste Passgeber der Mannschaft sein, doch besonders unter gegnerischem Druck misslingen ihm diese noch zu häufig. Darunter auch viele Direktpässe, die nicht beim Mitspieler landen.

Physis & Kopfballspiel

Aufgrund seiner Größe und generellen Statur könnte man zudem meinen, dass sein Kopfballspiel möglicherweise eine seiner Stärken ist. Doch damit weit gefehlt. Er bringt zwar generell gute Anlagen mit, muss jedoch in Sachen Physis weiter hart arbeiten und kann noch kräftig zulegen.

Davon könnte auch sein Kopfballspiel profitieren, sobald der Franzose etwas stabiler bleiben kann. Kopfballduelle gewinnt er aktuell mit 45% sogar weniger als die Hälfte, Kopfballtore sind ebenfalls selten.

Abschluss & Anlaufverhalten

Insgesamt wirkt sein Abschlussverhalten bereits äußerst reif, besonders die bereits beschriebenen First-Touch-Abschlüsse sind absolut herausragend. Jedoch hat Ekitike auch hier noch Potenzial, wenn er etwas mehr Zeit zum Abschluss hat. Wahrscheinlich noch seinem Alter und Erfahrung geschuldet, agiert er in diesen Situationen dann doch ab und an zu fahrig, lässt Chancen aus.

Ebenso wurden zuvor bereits sein Defensivverhalten sowie seine Arbeitsrate gelobt. Keine Frage, Ekitike arbeitet generell gut nach hinten mit. Potenzial ist hier allerdings noch im Pressing und Anlaufverhalten. Denn seine Quote an erfolgreichen Druckausübungen ist ausbaufähig. Hier kann in Bezug auf intelligenteres Anlaufverhalten und Gespür noch gearbeitet, sein Pressig am Ende erfolgreicher werden.

Prognose: Hugo Ekitike ist ohne Zweifel ein Spieler, der eine große Zukunft vor sich haben kann und voraussichtlich auch haben wird, sofern er gesund bleibt. Vor kurzem kam der Angreifer erst aus einer langwierigen Verletzung, was natürlich Auswirkungen auf seinen angepeilten Transfer in diesem Sommer haben kann.

Borussia Dortmund oder Newcastle United?

Am Ende muss Ekitike die Entscheidung treffen, bei welchem Verein er sich für die nächsten Jahre am besten aufgehoben fühlt und wo er sich am besten entwickeln kann. Borussia Dortmund hat bereits über Jahre gezeigt, dass man mit jungen Spielern exzellent umgehen und diese weiterentwickeln kann. Im Gegensatz dazu baut man bei Newcastle United aktuell die Grundlage für die nächsten Jahre auf, was ohne Frage ebenso ein spannendes Projekt sein kann.

Egal für welchen Klub sich Ekitike am Ende entscheidet, als Fan darf man sich auf einen hochveranlagten Spieler freuen. Gleichzeitig sollte man ihn allerdings nicht mit zu hohen Erwartungshaltungen überfrachten, denn Ekitike hat in einigen Bereichen noch viel Luft nach oben und muss sich für das Top-Niveau noch gehörig steigern.

„Er ist jung und muss sich in manchen Bereichen noch verbessern, aber mit dem einem guten, dem richtigen Trainer bin ich mir sicher, dass er ein sehr guter Stürmer werden kann.” (Oscar Garcia, Trainer Stade Reims)

Autor: Florian Först || Stand: 25.04.2022

 
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