Football's Next Generation – die Fußballstars von morgen
 
Nico Schlotterbeck – der Prototyp des modernen
Innenverteidigers


Der SC Freiburg spielt einmal mehr eine herausragende Spielzeit. Neben dem Finaleinzug im DFB-Pokal kann sich der Sportclub aus dem Breisgau sogar noch über die Bundesliga für die Champions League qualifizieren. Eine Entwicklung, die man dem Team um Trainer Christian Streich dann doch eher nicht zugetraut hätte.

Ein wichtiger Bestandteil der Erfolgsmannschaft ist dabei ohne jeden Zweifel Innenverteidiger Nico Schlotterbeck, aktuell womöglich der wertvollste Spieler des Vereins. Doch was zeichnet den 22-Jährigen aus und wer ist der neue deutsche Nationalspieler überhaupt?

Förderung durch Onkel Niels

Im Dezember 1999 wurde Nico Schlotterbeck in eine fußballbegeisterte Familie hineingeboren. Schon sein Onkel Niels war Profifußballer, kickte unter anderem für den MSV Duisburg, Hansa Rostock, den TSV 1860 München sowie den SC Freiburg.

Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Keven war Nico auch in der Förderschule des Onkels aktiv. Dieser wollte seinen beiden Neffen schon früh die nötige Spielintelligenz antrainieren, damit auch sie gute Chancen auf eine Profikarriere besitzen. Parallel machte Nico seine ersten Schritte in der Jugend des SG Weinstadt, über welche es ihn dann auch zu den Stuttgarter Kickers führte.

Erster Rückschlag in Stuttgart

Die Zeit bei den Stuttgarter Kickers sollte allerdings nicht nur positive Seiten an sich haben. Am Ende stand für Schlotterbeck nämlich eine der ersten großen Enttäuschungen auf dem Papier. Denn nach vielen gemeinsamen Jahren wurde der Linksfuß schließlich aussortiert, musste den Verein verlassen.

„Ehrlich gesagt war es ein Schlag ins Gesicht. Natürlich war ich damals sehr frustriert." (Nico Schlotterbeck)

Folglich schloss er sich der U17-Mannschaft des VfR Aalen an, für seinen Onkel ein recht deutlicher Rückschritt. Doch Nico machte das Beste aus der Situation und spielte sich wieder in den Vordergrund, es folgten die Wechsel zum Karlsruher SC und bereits wenig später zum SC Freiburg. Der Bundesligist zahlte sogar eine Ablösesumme, ein eher ungewöhnliches Schauspiel bei den Breisgauern.

Bundesligadebüt & Leihwechsel

Sein erstes Bundesligaspiel sollte in der Folgezeit nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Schon im Alter von 19 Jahren kam er unter Christian Streich im Heimspiel gegen Hertha BSC zu seinem ersten Bundesligaspiel. Dabei machte es das vielseitig einsetzbare Defensivtalent nicht schlecht und wurde fortan immer mal wieder von Streich aufs Feld beordert.

Dennoch entschied man sich schließlich zu einer Leihe, damit Schlotterbeck mehr Spielpraxis sammeln kann. Und so führte ihn sein Weg für eine Saison zum 1.FC Union Berlin, ein voller Erfolg für alle Beteiligten. Hier konnte Schlotterbeck nicht nur wichtige Erfahrungen sammeln, sondern arbeitete auch hart an seiner Physis. Laut eigenen Aussagen vorschlug es ihn bis zu sechsmal die Woche ins Fitnessstudio, knapp zehn Kilogramm legte er an Muskelmasse zu.

Debüt in der Nationalmannschaft

Entsprechend konnte im Sommer 2021 zurecht festgestellt werden, dass Schlotterbeck in mehrfacher Hinsicht stärker nach Freiburg zurückgekehrt ist. Der frischgebackene U21-Europameister nahm den Rückenwind direkt mit in die neue Spielzeit und etablierte sich unabhängig von der eigenen Formation in der Startelf von Streich.

Doch auch das sollte es noch lange nicht gewesen sein, denn Schlotterbeck befindet sich förmlich auf der Überholspur. So gab der ambitionierte und sehr selbstbewusste Innenverteidiger im März 2022 sogar bereits sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft im Freundschaftsspiel gegen Israel. Bis auf einen Konzentrationsfehler gegen Ende des Spiel zeigte er auch hier seine Klasse, durfte auch im zweiten Testspiel der Länderspielwoche starten.

 Abgang vom SC Freiburg steht bevor

Bei solch einer rasanten Entwicklung eines Spielers ist das Interesse größerer Klubs nicht weiter verwunderlich. Besonders dann nicht, wenn der Vertrag nur noch bis 2023 läuft. Laut eigenen Aussagen hat er sich zwar noch nicht final entschieden, ein Abgang im Sommer sei jedoch sehr wahrscheinlich.

Einen Wechsel ins Ausland schließt er dabei zwar nicht aus, er würde aber lieber bei einem Top-Klub in der Bundesliga bleiben. Und so verdichten sich die Anzeichen, dass die Wahl wohl auf Borussia Dortmund fallen wird. Intensive Gespräche soll es bereits gegeben haben, in Dortmund könnte er der langfristige Nachfolger von Mats Hummels werden.

Andere Vereine wie auch der FC Bayern München scheinen am Ende das Nachsehen zu haben, auch aufgrund der guten Perspektive in Dortmund. Dort würde er zudem mit seinem Vorbild Niklas Süle zusammenspielen, der im Sommer von München zum BVB wechseln wird.

„Ich bin ein großer Fan von Niklas Süle, von seiner Spielweise und wie er das alles handhabt. Er ist ein ruhiger Spieler, der auf dem Feld total seriös ist. Er bringt wirklich immer sehr gute Leistungen und war auch im jungen Alter wie ich beim DFB. Früher habe ich Boateng und Hummels zugejubelt.” (Nico Schlotterbeck)

Doch wieso möchte Borussia Dortmund ausgerechnet Schlotterbeck verpflichten? Was zeichnet den Innenverteidiger aus?

Stärken: Zunächst einmal kann Schlotterbeck in verschiedenen Systemen ohne Probleme eingesetzt werden. In einer 4er-Kette läuft der Linksfuß vorrangig als linker Innenverteidiger auf, doch auch in einer 3er-Kette agiert er mit großem Selbstverständnis. Hier bekleidet er die Rollen als linker Halbverteidiger oder zentraler Innenverteidiger.

Wohl fühlt er sich grundsätzlich in beiden Systemen, oftmals spielt der SC Freiburg allerdings mit 3er-Kette und Schlotterbeck nimmt die Rolle des linken Halbvereidigers ein. Hier hält er Christian Günther den Rücken frei und ermöglicht diesem seine offensiven Ausflüge. Gleichzeitig rückt Schlotterbeck aber nicht selten auch selbst nach vorne und schaltet sich ins eigene Offensivspiel mit ein.

Progressives Passspiel

Generell ist Schlotterbeck ein Spieler für ein ballbesitzorientiertes, offensiv ausgerichtetes Spiel, denn er besitzt hat große Stärken im eigenen Aufbauspiel. In der Regel trifft er in seinem Passspiel gute Entscheidungen und spielt sowohl gut überlegte als auch genaue Pässe mit dem richtigen Timing als auch Tempo. Besonders auffällig hierbei sind seine Ruhe am Ball und seine gute Übersicht. Dabei scannt er permanent das Spielfeld, hat so einen guten Überblick über das Spielgeschehen und spielt am Ende den einen oder anderen Pass durch die gegnerischen Verteidigungslinien hindurch. In Bezug auf progressives Passspiel gehört er daher nicht nur in der Bundesliga zu den besten Innenverteidigern.

Gleichzeitig zeigt Schlotterbeck aber auch ein gutes Gefühl für das eigene Passspiel und weiß, wann er das eigene Kurzpassspiel vorantreiben und wann eher den langen Ball spielen sollte. Besonders seine Spielverlagerungen können sich in solchen Fällen sehen lassen. Diese sind in der Regel überaus präzise und landen somit beim Mitspieler.

Progressive Ballführung & erfolgreiche Dribblings

Doch es sind nicht nur seine progressiven Pässe und sein kluges Passspiel, die in seinem Spiel auffallen und für größere Aufgaben berufen sind. Auch seine progressive Ballführung kann sich durchaus sehen lassen. Dank seiner Athletik sowie Dynamik startet Schlotterbeck auch gerne Mal selbst einen Ausflug nach vorne.

Hat er als linker Halbverteidiger den Raum und die Zeit für eine Offensivaktion, treibt er das Spiel gerne von hinten heraus an und sucht das Dribbling, auch um gelegentlich den gegnerischen Druck geschickt zu umgehen. Hier bringt er seinen Körper äußerst geschickt zwischen Ball und Gegner, ist so nur schwer zu stoppen und leitet gefährliche Angriffe ein. In Bezug auf diese progressiven Läufe und die erfolgreichen Dribblings ist Schlotterbeck auf seiner Position einer der besten Spieler der Bundesliga und sogar in Europa.

Offensives Verteidigen

Eine weitere Eigenschaft für Teams mit einem offensiven Spielstil ist die Art des Verteidigens. Grundsätzlich verteidigt Schlotterbeck hier gerne nach vorne, steht auch entsprechend hoch und verteidigt aggressiv gegen den Gegenspieler. Sein Zweikampfverhalten ist dabei als geschickt und intelligent zu bewerten. Auch dank seiner guten Physis gewinnt er aktuell mehr als 68 Prozent seiner direkten Duelle, der derzeit beste Wert in der Bundesliga und einer der besten unter allen Innenverteidigern in Europa.

Zudem zeichnen Schlotterbeck sein Raumgefühl und seine Übersicht über das Spielgeschehen aus. Er hat die Fähigkeit, ein Spiel bestens lesen zu können. So antizipiert er Pässe des Gegners in die Spitze frühzeitig, rückt mutig sowie aggressiv noch weiter heraus und fängt so entweder Bälle direkt ab oder befindet sich unmittelbar im Zweikampf mit seinem Gegner. Dank seines enormen Tempos auf den ersten Metern erzeugt er so gleichzeitig mächtig Druck.

Gewinnt er auf diese Art und Weise den Ball, startet er zudem nicht selten direkte Gegenangriffe und kurbelt das Spiel wieder an.Jedoch kann er nicht nur offensiv verteidigen, sondern lässt sich je nach Spielsituation in Abstimmung mit dem Team auch gerne mal etwas fallen. Bei Bällen in die Tiefe ist er dann aber dennoch direkt bereit für den direkten Zweikampf oder das Laufduell mit seinem Gegner, durch seine gute Grundgeschwindigkeit und Physis kann er hier gut mithalten. Generell achtet er hier auf kleinste Fehler des Gegners und kann auf diese blitzschnell reagieren.

Kopfballspiel mit Dynamik & Wucht

Des Weiteren ist Schlotterbeck auch in der Luft eine absolute Waffe. Hier verfügt er über ein exzellentes Timing beim Absprung und überspringt auch dank seiner Körpergröße ohne größere Probleme eine Menge seiner Kontrahenten.

Im Hinblick auf Kopfballduelle hat er seinen Gegenspieler stets im Blick, lässt ihm aber zunächst etwas Freiraum. Das ermöglicht es ihm Anlauf zu nehmen, um mit einer großen Dynamik und Wucht ins Kopfballduell einzusteigen. Zum richtigen Zeitpunkt sprintet er in solchen Fällen los, springt rechtzeitig ab und gewinnt eine Menge seiner Duelle. Mit aktuell rund 74 Prozent gewonnener Luftduelle ist er auch hier eine der besten Spieler der Bundesliga und in Europa.

Schwächen: Eine seiner großen Stärken ist ohne Zweifel sein Passspiel. Allerdings geht er in diesem hin und wieder dann doch noch ein zu großes Risiko ein und will unbedingt den progressiven Pass spielen. Diese führen nicht selten zu Fehlpässen, die trotz seiner Stärken im Passspiel seine vergleichsweise geringe Passquote erklären.

Entsprechend gilt es sich hier in Bezug auf die Risikoabwägung zu steigern und zu verbessern. Minimiert er hier seine zu leichten Abspielfehler und zugleich zu leichten Ballverlusten, verfügt Schlotterbeck über kaum nennenswerte wirkliche Schwachstellen.

Prognose: Schlotterbeck bringt ohne Zweifel nicht nur großartige fußballerische Fähigkeiten mit, sondern zugleich auch die richtige Haltung sowie Mentalität für das internationale Top-Niveau. Nach nur einer Saison als Stamm- und Führungsspieler wird er den SC Freiburg wahrscheinlich im Sommer bereits verlassen und den nächsten Schritt in seiner Karriere gehen.

Zum aktuellen Stand könnte sein neuer Arbeitgeber dabei durchaus Borussia Dortmund heißen. Unabhängig davon, ob es am Ende die Borussia oder ein anderer großer Klub wird, auch dort muss sich Schlotterbeck erst beweisen und festspielen. Vor allem wird er dann voraussichtlich erstmals in einem internationalen Wettbewerb wie der Champions League zum Einsatz kommen und der Druck durchaus größer sein als bisher im Breisgau.

Entsprechend darf man nicht nur gespannt darauf sein, wo er am Ende landen wird, sondern auch wie gut und schnell er sich an das neue Umfeld mit größerer Erwartungshaltung gewöhnen kann. Sollte ihm das gelingen und er arbeitet weiterhin so hart an sich selbst, sehen wir mit Schlotterbeck möglicherweise nicht nur den deutschen Innenverteidiger der Zukunft, sondern zugleich einen der besten Innenverteidiger weltweit.

Autor: Florian Först || Stand: 20.04.2022

 
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